Steinbruch Untersberg | Salzburg/Österreich 1999
Sechs Jahre lang organisiert und unterrichtet Hartwig Mülleitner als Assistent im Rahmen der Salzburger Sommerakademie Bildhauerklassen. Das prinzipielle Lehr- und Arbeitsprinzip, dass nicht der Frontalunterricht zum besten „Lernerfolg“ führt, sondern dass Schüler und Lehrer am meisten bei einem gemeinsamen Nebeneinander voneinander profitieren, kommt ihm entgegen: „Ich konnte Schülern immer am besten vermitteln, worum es mir geht, wenn ich es ihnen gleich am Material gezeigt habe“, erzählt der Bildhauer. So entsteht die Arbeit „Schwebende Steine“ im Sommer 1999 im Rahmen seiner Tätigkeit als künstlerischer Assistent – eine Arbeit „im Steinbruch, für den Steinbruch“, wie es Hartwig formuliert.
Bei dieser Arbeit kehrt sich Mülleitners gewohnte Arbeitsweise (ein Stein wird geteilt und wieder zusammengefügt) ins Gegenteil um: Im Steinbruch findet der Künstler drei einzelne Steinplatten, die rein vom Gefühl zusammenpassen. Wie sich später herausstellt, ergeben die drei Teile zusammengesetzt tatsächlich ein ursprüngliches Ganzes. Vorerst lässt Hartwig die Steine aber vom Steinbruch mit einem Radlader auf seinen Arbeitsplatz, das Plateau, transportieren. Er vereint die drei getrennten Teile wieder zu einem Stück, wobei er einen kleinen Abstand stehen lässt, der die Teilung sichtbar macht. Mit den verwendeten Eisenstangen, die er schräg und unregelmäßig wie die gewachsenen Stämme positioniert, nimmt er das rhythmische Spiel der umstehenden Bäume auf. Über diese Eisenstäbe werden die Steinplatten platziert. Auf diese Weise löst sich die tragende Einheit im Hintergrund auf. Augenfällig bleibt der helle Stein. Die Frage der Konstruktion ist für Hartwig Mülleitner aber zweitrangig. Ihn reizt besonders der Gegensatz von Masse und Leichtigkeit.
Die Skulptur ist – wie die meisten Arbeiten von Hartwig Mülleitner – nutzbar. Wer den Steg betritt, sollte allerdings schwindelfrei sein. 3,5 Meter geht es von der vordersten Stelle steil in den Wald hinunter. Wer sich bis ganz nach vorne traut, wird mit einem schwebenden Gefühl und Kribbeln im Bauch belohnt – die Steinplatten fangen an, sanft parallel zu schwingen. Wer nicht gegensteuert und sich darauf einlässt, kann sich auf diese Art und Weise durch die Natur tragen lassen. k